In unserer von der Digitalisierung geprägten Welt hat die künstliche Intelligenz (KI) unser Leben verändert – von der E-Mail-Assistenz bis hin zur Empfehlung personalisierter Inhalte.
Sie formt den Alltag der Menschen in nie dagewesener Weise. Dieser Wandel wird durch die unaufhaltsame Weiterentwicklung von KI-Modellen vorangetrieben, die immer komplexer werden.
Die für KI eingesetzten digitalen Computersysteme haben jedoch Schwierigkeiten, mit dieser Entwicklung Schritt zu halten, was zu langsameren Trainingsgeschwindigkeiten, suboptimaler Leistung und erhöhtem Energieverbrauch führt.
Dies bedroht die Zukunft der Technologie und erfordert eine Neubewertung der traditionellen Rechensysteme.
Dank der Forschung von IBM ist die analoge KI ein Hoffnungsschimmer, der potenzielle Lösungen für Effizienz und Umweltverträglichkeit bietet.
Die Herausforderungen der digitalen Datenverarbeitung für moderne KI
KI-Modelle erfordern zur Erzielung einer optimalen Leistung bei zunehmender Komplexität ein umfangreiches Training auf großen Datensätzen.
Die herkömmliche digitale Datenverarbeitung, die auf binäre Darstellungen (0 und 1) und elektronische Komponenten angewiesen ist, wird den Anforderungen der modernen KI jedoch nur schwer gerecht.
Diese Einschränkungen wirken sich auf KI-Systeme wie folgt aus:
- Diskrete Repräsentation und Präzisionsprobleme: KI-Modelle arbeiten oft mit kontinuierlichen, hochdimensionalen Daten wie Bildern und natürlicher Sprache. Die Abhängigkeit der digitalen Datenverarbeitung von diskreten binären Darstellungen kann bei der Umwandlung dieser fortlaufenden Dateneingaben in digitale Form zu Präzisionsproblemen führen. Diese Quantisierung kann in einem Informationsverlust resultieren und die Leistung von KI-Modellen beeinträchtigen, insbesondere bei Aufgaben, die eine feinkörnige Detailerkennung voraussetzen.
- Energieverbrauch: KI-Modelle erfordern eine erhebliche Rechenleistung. Die digitale Datenverarbeitung mit ihren binären On-Off-Logikgattern ist bei der Ausführung komplexer KI-Berechnungen sehr stromhungrig. Dieser hohe Energieverbrauch führt nicht nur zu beträchtlichen Betriebskosten, sondern trägt auch zur Besorgnis über den CO2-Fußabdruck von KI-Systemen bei, vor allem in groß angelegten Rechenzentren.
- Verarbeitungsgeschwindigkeit und Parallelität: Moderne KI-Modelle umfassen oft riesige Datensätze und komplexe neuronale Architekturen mit Millionen oder Milliarden von Parametern. Digitales Rechnen mit seiner sequenziellen Verarbeitungsweise kann die Parallelität nur schwer bewältigen, was längere Trainingszeiten und weniger reaktionsschnelle Echtzeit-KI-Anwendungen zur Folge hat.
- Von-Neumann-Engpass: Digitales Rechnen beruht auf der Von-Neumann-Architektur, bei der Speicher und Verarbeitung getrennte Einheiten sind. Diese Aufteilung erfordert eine ständige Datenübertragung zwischen Speicher und CPU, was zu Engpässen bei der Datenübertragung führt. Dieser Engpass beeinträchtigt die Verarbeitungsgeschwindigkeit spürbar und macht das Computersystem weniger energieeffizient, vor allem wenn es um umfangreiche Datensätze geht.
- Mehrkosten für die Datenkonvertierung: Viele KI-Anwendungen, wie z. B. Computer Vision und Spracherkennung, erfassen und verarbeiten analoge Signale, z. B. Bilder und Ton. Die Umwandlung dieser analogen Signale in ein digitales Format durch Analog/Digital-Wandlung (engl. Analog-to-Digital Conversion, ADC) verursacht einen Mehraufwand in Form von Zeit und Rechenressourcen. Diese Verzögerungen können die Echtzeitverarbeitungsfähigkeiten von KI-Systemen beeinträchtigen, insbesondere bei Anwendungen, die eine schnelle Entscheidungsfindung erfordern.
What is Analogrechnen (Analog Computing)?
Analoge KI, manchmal auch als neuromorphes oder vom Gehirn inspiriertes Computing bezeichnet, ist ein Zweig der KI und Informatik, der sich an der Struktur und Funktionsweise biologischer neuronaler Netze orientiert.
Im Gegensatz zur herkömmlichen digitalen KI, die Daten anhand von diskreten Binärwerten (0 und 1) auswertet, verwendet die analoge KI kontinuierliche Signale und analoge Komponenten, um neuronales Verhalten zu emulieren.
Mit diesem Ansatz soll nachgeahmt werden, wie das menschliche Gehirn Informationen verarbeitet. Dadurch sollen bestimmte Vorteile erzielt werden, wie z. B. eine verbesserte Energieeffizienz und ein kognitionsähnliches Rechnen.
Analoge KI als Schlüssel für die Herausforderungen der digitalen KI
Bei diesen Einschränkungen der digitalen Datenverarbeitung stellt die analoge KI eine vielversprechende Lösung dar.
Im Gegensatz zum digitalen Computing, das Daten diskret verarbeitet, wird der analoge Computer kontinuierlich betrieben. Dieser besondere Ansatz der Datenverarbeitung ist der Schlüssel zur Überwindung der Herausforderungen von digitaler KI:
- Energieeffizienz: Der Dauerbetrieb von analoger KI verbraucht weniger Strom als digitale KI, was die Betriebskosten senkt und den Nachhaltigkeitszielen entspricht, da der CO2-Fußabdruck von KI-Systemen minimiert wird.
- Geringere Engpässe bei der Datenübertragung: Analoge KI verarbeitet Daten innerhalb des Speichers, wodurch ständige Datenübertragungen zwischen dem Speicher und der CPU entfallen. Diese Reduzierung führt zu einem beschleunigten KI-Training und reaktionsschnelleren Echtzeitanwendungen.
- Parallele Verarbeitung: Die natürliche Parallelität der analogen KI ermöglicht es ihr, mehrere Berechnungen gleichzeitig durchzuführen, was in einer schnelleren und effizienteren Verarbeitung resultiert, insbesondere bei komplexen Aufgaben mit großen Datensätzen und komplexeren neuronalen Netzen.
- Kontinuierliche Datenverarbeitung: Der fortlaufende Betrieb analoger KI fügt sich nahtlos in eine Vielzahl der kontinuierlichen und hochdimensionalen KI-Eingänge ein, wodurch Probleme mit der Genauigkeit gemildert und der Aufwand für die Analog/Digital-Wandlung eliminiert werden.
Fallstudie: IBMs Durchbruch bei der analogen KI
Die jüngste Einführung eines analogen 14-Nanometer-Chips von IBM stellt eine bahnbrechende Errungenschaft in der KI-Technologie dar.
Mit 35 Millionen Speicherzellen soll der Chip biologische neuronale Prozesse beim Rechnen und bei der Datenspeicherung nachahmen.
IBM setzt auf „Compute-in-Memory“, d. h. die Ausführung von Rechenoperationen direkt im Speichersubsystem.
Dies entspricht den Grundsätzen der analogen Datenverarbeitung und optimiert die KI-Berechnungen hinsichtlich Effizienz und Geschwindigkeit. Der Chip verwendet eine Phasenwechsel-Speichertechnologie (engl. phase-change memory).
Hierbei schaltet er zwischen amorphen und kristallinen Phasen um, wenn er elektrischen Impulsen ausgesetzt wird.
Dadurch können Zwischenzustände erreicht werden, die grundlegende Berechnungen in der KI mit nur wenigen Widerständen oder Kondensatoren ermöglichen – eine völlige Abkehr von herkömmlichen Methoden, die Hunderte oder Tausende von Transistoren erfordern.
Der analoge KI-Chip von IBM zeigte bemerkenswerte Ergebnisse bei der Spracherkennung: Er war gleich schnell wie herkömmliche Hardware, aber siebenmal schneller bei der Identifizierung von Schlüsselwörtern für Sprachbefehle und lieferte eine 14-fache Steigerung der Energieeffizienz bei der komplexen Transkription von Sprache in Text.
Die Innovation zeigt das Potenzial analoger Rechenprinzipien zur Verbesserung der Geschwindigkeit und Effizienz von KI-Systemen.
Die Nutzung von Phase-Change-Memory- und Compute-in-Memory-Konzepten überbrückt die Kluft zwischen biologischen neuronalen Prozessen und KI-Hardware und treibt die KI-Revolution in neue Richtungen.
Unterm Strich
Analoge KI bietet eine vielversprechende Lösung für die Beschränkungen des traditionellen digitalen Rechnens im Zeitalter der KI.
Kontinuierliche Datenverarbeitung, Energieeffizienz, geringere Datenengpässe und natürliche Parallelität sind entscheidend für die Steigerung der KI-Leistung bei gleichzeitiger Reduzierung der Umweltbelastung.
Der jüngste Durchbruch von IBM ist ein Beispiel für das Potenzial der analogen KI. Die Technologie markiert einen bedeutenden Wandel im Bereich der Datenverarbeitung hin zu einer effizienteren und nachhaltigeren Zukunft.