Apple sperrt VPNs in Russland: Wenn Freiheit offline geht

Transparenz

Die Zeiten, in denen wir noch naiv an die grenzenlose Freiheit des World Wide Web glaubten, liegen scheinbar hinter uns. Apple hat nun einen Schritt in die falsche Richtung gemacht und 25 VPN-Apps aus dem russischen App Store verbannt. Willkommen im Internet von 2024!

Das Wichtigste im Überblick

  • Apple hat auf Anordnung der russischen Zensurbehörde Roskomnadsor 25 VPN-Apps aus dem russischen App Store entfernt. Dies erschwert die Umgehung von Zensurmaßnahmen und beeinträchtigt den Schutz der Privatsphäre der Nutzer erheblich.
  • Betroffene VPN-Anbieter, darunter Le VPN, haben eine Petition an Apple und den US-Kongress gestartet, um die Wiederherstellung der VPN-Apps im russischen App Store zu erreichen und die Unterstützung der russischen Zensur zu beenden.
  • Seit dem Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 hat Russland die Zensurmaßnahmen verschärft, einschließlich eines Werbeverbots für VPN-Dienste und der Einführung einer nationalen GeoIP-Datenbank zur Überwachung des Internetverkehrs.

Anti Independence Day

Am 4. Juli, dem Unabhängigkeitstag der USA, sperrte Apple zahlreiche VPN-Apps in Russland – die Ironie ist offensichtlich. VPNs, diese virtuellen Retter der Privatsphäre, die weltweit genutzt werden, um unsere Daten vor neugierigen Augen zu schützen und uns zu helfen, Zensur zu umgehen, sind in Russland fast nicht mehr verfügbar. Der Grund? Eine Anordnung der russischen Zensurbehörde Roskomnadsor, die Apple dazu zwang, diese Apps zu entfernen.

Roskomnadsor berief sich dabei auf ein Gesetz von 2006, das ursprünglich die IT-Sicherheit stärken sollte – dieselbe Sicherheit, die VPNs eigentlich bieten sollten. Es wird ernsthaft ein Gesetz verwendet, das IT-Sicherheit verbessern soll, um die Werkzeuge, die genau das tun, zu verbieten. Zensur und Gaslighting gehen hier mal wieder Hand in Hand.

“Hey Apple, das geht so nicht!”

Die VPN-Anbieter, die von dieser Sperre betroffen sind, haben drei Monate Zeit, um den Zensurbefehl vor russischen Gerichten anzufechten. Das ist sicherlich kein leichtes Spiel, denn unabhängige Justiz gilt momentan nicht unbedingt als eine Selbstverständlichkeit in Russland.

Der Anbieter Le VPN, der mutig genug ist, es trotzdem zu versuchen, hat zusammen mit anderen Anbietern eine Petition gestartet, um Apple auf die Unterstützung der russischen Zensur aufmerksam zu machen. Der Petitionstext bringt die zentralen Ängste ohne Umschweife auf den Punkt: “Apple hilft Putins Zensur!”

Le VPN hofft darauf, dass die US-Abgeordneten genug Druck auf Apple ausüben können, damit die gesperrten VPN-Dienste wieder im russischen App Store verfügbar sind. Aber, und das ist ein großes Aber, dafühttps://www.le-vpn.com/le-vpn-removed-from-russian-app-store-roskomnadzor müsste Apple die Befehle von Roskomnadsor ignorieren – damit ist nicht zu rechnen.

Big Brother greift ein

Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 hat der Kreml die Zensur verschärft. VPNs galten hier einst als Schlupflöcher, aber stehen nun im Fokus. Roskomnadsor hat eine nationale GeoIP-Datenbank eingeführt, um den Standort jeder russischen IP-Adresse zu jeder Zeit zu ermitteln. Außerdem wurde Anfang des Jahres ein Werbeverbot für VPN-Dienste verhängt. Big Brother schaut also nicht mehr einfach zu.

Seit 2018 gibt es immer wieder Versuche der russischen Behörden, den Betrieb der VPN-Dienste zu stören. Und jetzt hat Apple diese Aufgabe effektiv übernommen – mit der Konsequenz, dass russische Bürger sich nicht mehr unabhängig informieren können.

Was kann Apple eigentlich tun?

Apple hat als Reaktion auf den Überfall auf die Ukraine den Export von Hardware in die russische Föderation eingestellt. Bestehende Geräte sowie grau importierte Ware werden jedoch weiter unterstützt. Der App Store bleibt verfügbar, auch wenn bestimmte Apps jetzt fehlen.

Die Frage bleibt: Unterstützt Apple tatsächlich Putins Zensur, oder handelt das Unternehmen nur nach gesetzlichen Vorschriften?

Während Apple betont, dass die Entfernung der Apps auf russische Gesetze zurückzuführen ist, bleibt ein bitterer Beigeschmack. Ist es wirklich im Sinne der Freiheit, sich den Anforderungen eines autoritären Regimes zu beugen?

Fazit

In einer perfekten Welt würden wir alle in einer unzensierten digitalen Utopie leben, wo Daten frei fließen und Informationen ungehindert zugänglich sind. Aber die Realität sieht anders aus. Meiner Meinung nach hat Apple mit der Entfernung der VPN-Apps aus dem russischen App Store einen nicht gerade kleinen Nagel in den Sarg der Internetfreiheit geschlagen.

Die Zukunft sieht düster aus, wenn Technologieunternehmen weiterhin den Anweisungen von Zensurbehörden folgen. Viele von uns würden sich bestimmt gern am Kampf für ein freies Internet beteiligen – aber wie soll das gehen, wenn Big Tech am großen Hebel sitzt?

Benjamin Touati
Tech & Gaming Redakteur
Benjamin Touati
Tech & Gaming Redakteur

Benjamin Touati ist ein vielseitiger Autor mit langjähriger Erfahrung in den Bereichen Games, HR-Tech und Sprachtechnologie. Mit einem akademischen Hintergrund in Linguistik hat er sich ein tiefes Verständnis für Sprache und digitale Kommunikation erarbeitet. Seine Laufbahn umfasst eine breite Palette an Positionen, von der Lehrtätigkeit bis hin zu spezialisierten Rollen in der kreativen Texterstellung. Getrieben von der Leidenschaft für digitale Innovationen, widmet er sich der Konzeption und Bearbeitung aktueller Inhalte in diesem dynamischen Feld.