Usancen sind Zahlungsfristen im internationalen Handel, die dem Käufer nach Lieferung oder Bereitstellung der Ware Zeit geben, den Kaufpreis oder die Schuld zu begleichen. Der Begriff stammt aus dem Französischen: „usance“ bedeutet Brauch und bezeichnet unter Kaufleuten allgemein anerkannte und beachtete Handelsbräuche, die für sie verbindlich sind.
Usancen stellen keine rechtliche Verpflichtung dar, werden aber bei der Auslegung von Handelshandlungen nach HGB § 346 berücksichtigt; insbesondere sind hiervon Willenserklärungen betroffen.
Daher müssen Gepflogenheiten und etablierte Praktiken berücksichtigt werden. In diesem Sinne wird es als verbindlicher Rechtsakt der Handelsbräuche verstanden – auch wenn er nicht vereinbart oder dokumentiert ist, denn Unwissenheit befreit nicht von der Einhaltung dieser Verpflichtung; nur im Falle von Widersprüchen zwischen etablierten Handelsbräuchen und Gesetz oder wenn eine andere (individuelle) Vereinbarung getroffen wird, kann davon abgewichen werden.
Techopedia erklärt den Handelsbrauch
Vereinfacht ausgedrückt ist eine Geschäftspraxis ein Verhalten, das im Geschäftsverkehr befolgt wird. Ein Verhalten entwickelt sich, wenn eine Aktivität im Laufe der Zeit wiederholt durchgeführt wird. Dies führt dazu, dass sich innerhalb einer Gruppe bestimmte Normen herausbilden, die dann normalerweise von den Mitgliedern befolgt werden.
Eine Geschäftspraxis kann also als kollektive Handlung betrachtet werden, durch die eine Geschäftstradition etabliert wird und im Laufe der Zeit obligatorisch wird. Solche Praktiken gelten im Allgemeinen innerhalb bestimmter Handelssektoren.
Der Zweck der Handelsbräuche besteht in der Beschleunigung der Geschäftsabwicklung. Vertrauen in mündliche Vereinbarungen ist das Wesen der Handelsbräuche, ebenso wie die Verwendung von Abkürzungen und Begriffen wie „ab Werk“ oder „frei Haus“. Neben der Regelung der Geschäftsabwicklung betreffen die Handelsbräuche beispielsweise auch Zahlungs- oder Lieferfristen.
Die Mindestanforderungen an einen Vertrag oder eine Sache werden durch Handelsbräuche festgelegt. Wenn ein Kaufvertrag mehrdeutig oder unvollständig formuliert ist: Die Handelsbräuche führen allgemeine Regeln zur Vertragsauslegung ein und können fehlende Bestandteile auf der Grundlage ergänzender allgemeiner Grundsätze ergänzen.
Eine Rechtsnorm kann nicht als Handelsbrauch angesehen werden. Aber Gebräuche haben Rechtscharakter, da sie rechtlich verpflichtend sind. Diese Verpflichtung ergibt sich aus § 346 des Handelsgesetzbuches (HGB), wonach Gebräuche bei der Auslegung kaufmännischen Handelns und Unterlassens gesetzlich zu berücksichtigen sind. Handelsbräuche binden die Parteien auch ohne deren ausdrückliche Vereinbarung oder Kenntnis – sie unterscheiden sich damit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, können aber auch ausdrücklich ausgeschlossen werden.
Im Streitfall muss die IHK die Handelsbräuche feststellen oder beweisen. Zudem dürfen Gebräuche niemals gegen Treu und Glauben oder die guten Sitten verstoßen.
Handelsbräuche gelten nicht für Verbraucher, da sie sich ausschließlich an Kaufleute richten. Aber auch ein Nichtkaufmann kann freiwillig Handelsbräuche akzeptieren. Sie können nur angewendet werden, wenn diese Nutzung als allgemein üblich gilt.
Die Frage, ob ein Handelsbrauch angewendet werden kann, hängt vom Handelskreis ab; es gibt bestimmte Branchen, die als Handelskreise gelten, und der Handelsbrauch kann nur dort entstehen, wo diese Transaktionen üblich sind. Das bedeutet, dass jede Branche ihre eigenen Handelsbräuche entwickeln kann.
Welche Bedeutung hat Usancen beim Trading?
Auch im Wertpapierhandel gibt es Gepflogenheiten. Diese sind allerdings fast ausschließlich schriftlich festgehalten. Der regulierte Markt und der amtliche Handel haben ihre Geschäftsbedingungen, die auch für Geschäfte an der deutschen Börse gelten, Unternehmen haben daher eine strenge Veröffentlichungspflicht. So müssen Unternehmen mindestens drei Jahre bestehen und bestimmte Anforderungen an das Eigenkapital sowie den Nennwert einer Aktie erfüllen.
Die Gepflogenheiten gelten auch im OTC-Markt (Over-the-Counter). Dieser wird seit einigen Jahren Open Market genannt, allerdings handelt es sich hierbei um privatrechtliche Handelspraktiken, sodass die Pflichten weniger streng sind.
Prospekte und Exposés, die von der jeweiligen Aufsichtsbehörde genehmigt wurden, reichen zur Darstellung aus. Bei wesentlichen Veränderungen im jeweiligen Unternehmen greifen die Informationspflichten sofort. In diesem Marktsegment werden vor allem Zertifikate oder Optionsscheine gehandelt. Anleihen oder Aktien machen einen deutlich geringeren Anteil aus.