Der Druck zur Einführung von KI ist groß. Mit 55 % der Betriebe in der Pilot- oder Produktionsphase mit generativer KI wollen immer mehr Führungskräfte ihre operationelle Effizienz automatisieren und rationalisieren.
Bei all den Investitionen in KI werden jedoch leicht die emotionalen Folgen für die Beschäftigten übersehen.
Ganz oben auf der Liste dieser Befürchtungen steht die Vorstellung, dass KI die Berufe der Menschen vernichten oder sie „nutzlos“ machen wird.
Eine berechtigte Sorge, insbesondere wenn man bedenkt, dass nach Schätzungen von Goldman Sachs 300 Millionen Arbeitsplätze durch KI verloren gehen werden.
Gleichzeitig müssen Unternehmen selbst in Szenarien, in denen KI in die Betriebsabläufe eingebettet ist, sehr sorgfältig darauf achten, dass sie nicht die Arbeit automatisieren, die die Mitarbeiter als sinnvoll empfinden.
Zwar ist es ganz natürlich, dass Organisationen die Technologie als Kraftmultiplikator einsetzen, doch darf dabei das Wohlbefinden der Angestellten nicht vernachlässigt werden.
Das Alltägliche automatisieren
Produktiv zu sein und kleine Aufgaben zu erledigen ist etwas, das viele Menschen als lohnend empfinden.
Zu Hause können Alltagstätigkeiten wie Putzen, Kochen, Lesen eines Buches oder sogar das Abhaken von Aufgaben auf einer To-Do-Liste ein kleines Erfolgserlebnis vermitteln.
In diesem Sinne wäre es eine Überlegung wert, ob die Automatisierung aller Aufgaben ratsam ist.
So fühlen sich Mitarbeiter bei einfachen Aufgaben wie dem Erstellen von Dokumenten, dem Ausfüllen von Rechnungen oder anderen Formen der Dateneingabe, die als banal oder „trivial“ gelten und sich für eine Automatisierung eignen, vielleicht produktiv.
Megan Smith Branch, AI Ethics Operations Research Analyst, Lead Associate von Booz Allen, erklärte gegenüber Techopedia:
„Die gewöhnlichen Aufgaben, die täglich erledigt werden, können den Mitarbeitern manchmal einen gewissen psychologischen Trost spenden.
Zum Beispiel kann eine einfache Aufgabe wie das Beantworten von E-Mails als Überleitung zum eigentlichen Arbeitstag dienen – was bedeutet, dass solche sich wiederholenden Vorgänge als konventioneller Maßstab für die Produktivität fungieren.“
Branch fügte hinzu: „Die Beseitigung dieser Aufgaben könnte dazu führen, dass Mitarbeiter ihren Wert in Frage stellen oder an ihren Leistungsfähigkeiten zweifeln. Die Einführung von KI zur Reduzierung einiger sich wiederholender Tätigkeiten zielte ursprünglich darauf ab, das Burnout von Angestellten zu verringern – aber ohne ein angemessenes Change Management ist es möglich, dass die Erwartungen an den Output und die Ausführung komplizierter Aufgaben steigen, was zu Burnout führen kann.“
Die Kommentare der Analystin deuten darauf hin, dass man von Beschäftigten nicht erwarten sollte, dass sie ständig an anspruchsvollen, intensiven Aufgaben arbeiten, und dass es einige weniger intensive Aktivitäten am Arbeitsplatz geben muss, um den Mitarbeitern eine gewisse kognitive Auszeit zu ermöglichen.
Einsatz von KI für mehr kreative Arbeit
Eine Möglichkeit für Unternehmen, die Bedenken hinsichtlich der Automatisierung zu zerstreuen, besteht in der Weiterbildung und Umschulung ihrer Mitarbeiter, damit diese die KI-gesteuerten Systeme effektiver nutzen können.
Alex Kotran, CEO von aiEDU, erklärte gegenüber Techopedia: „Es ist verständlich, dass manche Menschen Angst vor KI haben und davor, was sie für ihre Arbeit bedeutet. Alles verändert sich schnell, und wenn die eigene Existenz davon betroffen sein könnte, macht man sich wirklich Sorgen.“
„Aber mit der richtigen Ausbildung und Vorbereitung können Menschen durch KI tatsächlich einen erfüllenderen Job haben – es ist ein Werkzeug, das zur Professionalisierung verschiedener Berufe beitragen wird.“
„Entscheidend ist, dass die Mitarbeiter über grundlegende Fähigkeiten verfügen, um effektiv mit KI-Systemen zusammenzuarbeiten, anstatt von ihnen beeinflusst zu werden. Wir wollen den Menschen das Selbstvertrauen, die Kompetenzen und den Handlungsspielraum geben, um KI als einen Kraftmultiplikator und nicht als einen Roboter zu sehen, der ihren Job übernimmt.“
Die Arbeitnehmer selbst scheinen aufgeschlossen für die Aneignung neuer Fähigkeiten für ein erfolgreiches Arbeiten in KI-Umgebungen zu sein.
Eine Studie von Salesforce ergab, dass 54 % der Angestellten glauben, generative KI werde ihre Karriere vorantreiben. 62 % gaben an, dass generative KI neue berufliche Qualifikationen erfordern wird.
Mitspracherecht für Mitarbeiter
Ein weiterer Ansatz, um die Bedenken der Mitarbeiter zu zerstreuen, wäre, ihnen ein größeres Mitspracherecht bei der Automatisierung von Prozessen und Betriebsabläufen einzuräumen.
Dies gibt den Beschäftigten die Möglichkeit, weiterhin die ihrer Meinung nach lohnenden Aufgaben zu erledigen und gleichzeitig Wege zu finden, die Schritte zu eliminieren, die sie als anstrengend empfinden.
Andernfalls könnte dies bei den Angestellten zu Desinteresse und Feindseligkeit gegenüber KI führen. Die Writers Guild of America hat gezeigt, wie Arbeitskräfte auf Tarifverhandlungen zurückgreifen können, um den Einsatz von KI zu beeinflussen.
Daher kann die frühzeitige Aufnahme von Gesprächen sowohl mit Fachkräften als auch mit der Unternehmensleitung eine wirksame Strategie zur Steuerung von KI in die gewünschte Richtung und zur Vermeidung potenzieller Probleme sein.
Wenn Unternehmen also wollen, dass ihre Mitarbeiter KI als Unterstützung und nicht als Bedrohung betrachten, wie Kotran vorschlägt, müssen sie ihren Angestellten ein größeres Mitspracherecht bei der Einführung und Fortbildung einräumen.
Fazit
Ein offener Dialog mit den Mitarbeitern ist von entscheidender Bedeutung, wenn es darum geht, etwaige Bedenken hinsichtlich der potenziellen Auswirkungen der Automatisierung auszuräumen.
Durch eine enge Kommunikation können Unternehmen Möglichkeiten zur Nutzung von KI aufzeigen, die den Arbeitsplatz verbessern und gleichzeitig die Beeinträchtigung der täglichen Routine minimieren.