Stellen Sie sich als Künstler vor. Sie könnten tagelang an einem Meisterwerk arbeiten, Ihre ganze Energie und Konzentration in jeden Pinselstrich stecken. Aber was wäre, wenn ein Computer etwas ebenso Beeindruckendes in weniger als einer Minute hinbekommen könnte?
Das ist keine Science-Fiction, sondern die Macht und Realität der künstlichen Intelligenz (KI).
Aber wer verbraucht mehr Energie und belastet unseren Planeten mehr? Sie mit Ihrem Pinsel und Ihrer Leinwand oder der Computer?
CO2-Fußabdrücke: Menschen vs. AI-Modelle
Betrachtet man die tatsächlichen Kosten des Energieverbrauchs, so sind die Zahlen eindeutig.
Zunächst einmal zum menschlichen Gehirn, einem Wunderwerk der Energieeffizienz, das mit einer Leistung von etwa 12 Watt auskommt.
Im Gegensatz dazu verbrauchen herkömmliche Computer mit Hochleistungs-GPUs wie dem NVidia 3090 bei rechenintensiven Aufgaben rund 650 Watt. Das ist mehr als das 50-fache des Energieverbrauchs des menschlichen Gehirns bei einer einzigen Computerinstallation.
In der Geschäftswelt steht jedoch noch mehr auf dem Spiel.
Nehmen wir einen NVidia h100 in einem Rechenzentrum, der allein rund 700 Watt Strom benötigt. Ein Supercomputer-Cluster, der von erstaunlichen 10.000 h100-GPUs angetrieben wird, kann diesen Energiebedarf in schwindelerregende Höhen treiben. Das entspricht einer halben Million Mal der Leistung, die Ihr Gehirn verbraucht.
Diese Zahlen sind nicht nur ein Hinweis auf den rasant wachsenden Energiebedarf fortschrittlicher Computer, sondern werfen ein grelles Licht auf das Nachhaltigkeitsproblem, das der KI-Revolution zugrunde liegt.
Wir alle sind mit einer entscheidenden Frage konfrontiert: Wie kann man den kometenhaften Aufstieg der KI-Fähigkeiten mit der dringenden Notwendigkeit der Umweltverantwortung in Einklang bringen?
Im Zuge unseres Wettlaufs in eine verstärkt digitalisierte Zukunft müssen wir uns mit den tatsächlichen Kosten unseres technologischen Energiehungers auseinandersetzen.
Das Dilemma der Energieeffizienz bei KI und menschlicher Aktivität
Ein altes Sprichwort besagt: „Was man nicht messen kann, kann man nicht verbessern.“
Der Vergleich des menschlichen CO2-Fußabdrucks mit KI-Modellen ist jedoch von Natur aus fehlerhaft, da die Definition der Grenzen in einem sich schnell entwickelnden Bereich, dem es an Transparenz und zugänglichen Daten mangelt, sehr komplex ist.
Ohne detaillierte Informationen über die Hardware, den Stromverbrauch und die Energiequellen ist es schwierig, eine genaue Schätzung des CO2-Fußabdrucks von KI zu bekommen.
Forscher der University of California-Irvine und des MIT haben eine Studie veröffentlicht, die eine lebhafte Diskussion unter führenden KI-Experten ausgelöst hat. Die Untersuchung stellt vorgefasste Meinungen über den Energieverbrauch von generativen KI-Modellen wie ChatGPT in Frage.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Kohlendioxid-Äquivalente (CO2e), die ChatGPT bei der Erstellung einer Textseite ausstößt, 130 bis 1.500 Mal geringer sind als die, die ein Mensch bei der gleichen Tätigkeit verursacht.
Ebenso wurde festgestellt, dass KI-Modelle wie Midjourney oder DALL-E 2 von OpenAI bei der Bilderstellung im Vergleich zu Menschen 310 bis 2.900 Mal weniger CO2e verursachen.
Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die KI-Technologie vielversprechend ist, wenn es darum geht, eine Vielzahl von Aufgaben zu bewältigen und dabei wesentlich weniger Kohlenstoffemissionen zu erzeugen als der Mensch.
Warum KI und menschliche Fähigkeiten nicht ohne Weiteres vergleichbar sind
Die Diskussion über die Energie- und Ressourcenkosten von KI im Vergleich zum Menschen ist alles andere als schwarz-weiß.
Es handelt sich um einen Bereich mit unterschiedlichen Maßstäben und Nuancen. So sind KI-Systeme in einigen Feldern wie Schach schon lange leistungsfähiger und energieeffizienter als Menschen.
Dies bietet jedoch keinen umfassenden Überblick über die Fähigkeiten der KI im gesamten Spektrum menschlicher Tätigkeiten.
Stellen Sie sich eine Aufgabe vor, für die ein KI-Modell ein Jahr lang trainiert wurde und die es Milliarden Mal für verschiedene Personen ausgeführt hat, während ein Mensch für dieselbe Arbeit vielleicht 30 Jahre lang geübt hat, sie aber nur ein Dutzend Mal gemacht hat.
KI mag in diesem speziellen Kontext effizienter erscheinen, doch darf man nicht vergessen, dass Menschen eine Vielzahl von Aufgaben erledigen, die KI nicht bewältigen kann. Noch nicht.
Ein Vergleich des Energieverbrauchs ist in solchen Fällen nicht nur wegen der technischen Unterschiede schwierig, sondern auch wegen ethischer Überlegungen.
Menschen haben ein Leben jenseits ihrer „Aufgaben“. Und dieses Leben verbraucht Ressourcen, die bei einem direkten Vergleich normalerweise nicht berücksichtigt werden.
Nachhaltigkeit im KI-Zeitalter: Mehr Fragen als Antworten
Bei der Gegenüberstellung von künstlicher Intelligenz und dem Ressourcenverbrauch von Menschen gibt es zahlreiche technische und ethische Probleme.
Derzeit kann KI für bestimmte Aufgaben und nicht für das breite Spektrum an Aktivitäten, die das menschliche Leben ausmachen, eingesetzt werden. Auch wenn KI in einigen Fällen effizienter sein mag, ist dies nicht unbedingt ein direkter oder fairer Vergleich.
Ethisch gesehen hat der Mensch ein Recht auf die Existenz und den Verbrauch von Ressourcen zum Überleben und zum Wohlfühlen.
Das ist etwas, das normalerweise nicht „deaktiviert“ wird, so wie eine Maschine abgeschaltet werden kann.
Ohne sich in ethisch trübe Gewässer zu begeben, können wir den lebenslangen Ressourcenverbrauch eines Menschen nicht adäquat an einem KI-Modell messen.
Fazit
Sasha Luccioni, KI-Forscher und Klimaexperte bei HuggingFace, sagte dazu:
„Man kann die Kohlenstoffemissionen von Menschen und Gegenständen nicht vergleichen. Der Mensch ist mehr als nur die Arbeit, die er leistet.“
Man, this preprint is really the gift that keeps on giving.
In case people missed my previous PSA : you can't compare the carbon emissions of people and objects. Humans are more than just the work that they do.
(Also, that paper makes a lot of false assumptions in general) https://t.co/bZA414J9YI— Sasha Luccioni, PhD 🦋🌎✨🤗 (@SashaMTL) September 19, 2023
Die Lücken in der Datenverfügbarkeit schränken unsere Fähigkeit einer umfassenden Analyse der Umweltauswirkungen stark ein. Es bedarf eines transparenten, wissenschaftlich fundierten Ansatzes, um diese Komplexität zu überwinden.
Es geht um viel mehr als um die Frage, wer oder was energieeffizienter ist. Man sollte sich nicht auf eine Seite schlagen und die komplexen Zusammenhänge berücksichtigen, die unseren Entscheidungen zugrunde liegen.
Denn wenn die künstliche Intelligenz unsere Zukunft ist, dann sollten wir uns bewusst für sie entscheiden, wohl wissend um die Kosten – nicht nur in Watt oder Kohlendioxidemissionen, sondern in der Struktur unserer menschlichen Erfahrung und der gemeinsamen Verantwortung für den Planeten, den wir unser Zuhause nennen.