Warum 3D-Druck die Zukunft des Gesundheitswesens in Entwicklungsländern ist

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3D-Printing verändert das Gesundheitswesen in Schwellenländern, indem es maßgeschneiderte, erschwingliche medizinische Lösungen bietet. Es ermöglicht die Bewältigung von Herausforderungen in der Gesundheitsversorgung in abgelegenen Gebieten und unterstützt Bildung und lokale Fertigung. Dennoch müssen dabei regulatorische Fragen und Vorlaufkosten berücksichtigt werden.

Die technologischen Fortschritte im Bereich des dreidimensionalen Drucks (3D), auch bekannt als additive Fertigung, haben in verschiedenen Branchen neue Möglichkeiten eröffnet. Eine der vielversprechendsten Anwendungen ist vor allem im Gesundheitssektor.

Die Technologie wird hauptsächlich in Nordamerika, Europa und zunehmend auch in Asien eingesetzt. Doch in den Schwellenländern, wo der Zugang zu hochwertigen medizinischen Geräten und Prothesen oft begrenzt ist, erweist sich der 3D-Druck als echter Wendepunkt.

In abgelegenen und wirtschaftlich unterentwickelten Regionen bieten 3D-gedruckte Prothesen, Hilfsmittel zur Krankheitsprävention und andere medizinische Artikel erschwingliche und maßgeschneiderte Lösungen, die das Leben vieler Menschen in diesen Ländern verbessern können.

Im Folgenden wird die Rolle des 3D-Printing bei der Herstellung zugänglicher medizinischer Geräte und Prothetik in Entwicklungsländern untersucht.

Was ist 3D-Printing?

Die Technologie des 3D-Drucks gibt es schon seit Jahrzehnten. Die dafür erforderliche Hardware, Software und Materialien sind jedoch erst in den letzten Jahren erschwinglich und zugänglich genug geworden, um auf breiter Front eingesetzt zu werden.

Solche Drucker stellen physische Gegenstände aus mehreren dünnen Materialschichten auf der Grundlage von digitalen Entwürfen her.

Durch den schichtweisen Aufbau von Objekten können 3D-Printer komplexe Strukturen und unkonventionelle Formen erzeugen, die mit herkömmlichen Fertigungsmethoden nur schwer oder gar nicht zu realisieren sind.

Mit der Weiterentwicklung der Technologie werden die Entwürfe in den 3D-Druck-Repositorien von Usern immer häufiger gemeinsam genutzt und heruntergeladen, was ihre Zugänglichkeit erleichtert.

Die Teile werden in der Regel in kleinen Serien gedruckt. Die Entwürfe können so angepasst werden, dass das Gewicht und die Anzahl der Komponenten sowie die Kosten reduziert werden.

Dadurch entstehen kompakte, leichte und erschwingliche medizinische Geräte mit internen Funktionen.

Die Technologie hat eine Reihe von Anwendungsmöglichkeiten bei der Herstellung von orthopädischen, zahnmedizinischen, chirurgischen und anderen Produkten.

Arten des 3D-Drucks

Es gibt drei Typen des 3D-Drucks bzw. der additiven Fertigung, bei denen unterschiedliche Materialien und Methoden zum Verbinden von Schichten verwendet werden: selektives Lasersintern (engl. Selective Laser Sintering, SLS), Schmelzschichtung (engl. Fused Deposition Modeling, FDM) und Stereolithografie (engl. Stereolithography, SLA).

  • Beim SLS-Verfahren wird ein Laser zum Zeichnen des Objekts aus pulverförmigen Materialien und zum Binden der hinzugefügten Pulverschichten genutzt. Mit diesem Verfahren lassen sich Teile aus Metall, Keramik, Wachs, Nylon oder Verbundwerkstoffen herstellen.
  • FDM funktioniert ähnlich wie ein Tintenstrahldrucker, bei dem geschmolzene Kunststoffbahnen schichtweise auf eine Plattform aufgebracht werden, was als  Schichtenfertigung bezeichnet wird. FDM ist relativ kostengünstig und kann viele Arten von Kunststoffen verwenden.
  • Beim SLA-Verfahren wird eine Schicht aus photoreaktiver Polymerflüssigkeit durch Licht verfestigt und schichtweise in das Modell eingebaut. Nach der Verfestigung wird der Gegenstand aus der überschüssigen Flüssigkeit herausgehoben.

Jede Methode eignet sich für verschiedene Arten von medizinischen Anwendungen, je nach Bedürfnissen von medizinischen Fachkräften und Patienten.

Anwendungen des 3D-Drucks im Gesundheitswesen

Die große Diskrepanz zwischen armen und reichen Ländern beim Zugang zur Gesundheitsversorgung wird daran deutlich, dass Studien zufolge 73,6 % der chirurgischen Eingriffe in den Industrieländern (auf die 30,2 % der Weltbevölkerung entfallen) durchgeführt werden, während in den ärmsten 34,8 % nur 3 % bis 5 % erfolgen.

Die Hindernisse für die Gesundheitsversorgung in Schwellenländern liegen vor allem in den fehlenden materiellen Ressourcen und der unzureichenden Infrastruktur.

Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie das 3D-Printing zur Erleichterung des Zugangs eingesetzt werden kann, um die Lebensqualität zu verbessern und die Zahl der vorzeitigen Todesfälle in diesen Regionen nachweislich zu verringern.

Personalisierung und Zugänglichkeit

Einer der wichtigsten Vorteile des 3D-Drucks im Gesundheitswesen ist die Möglichkeit, maßgeschneiderte Produkte wie Prothesen, Implantate und chirurgische Instrumente herzustellen.

Dies ist besonders wertvoll in Schwellenländern, wo der Zugang zu medizinischen Massenprodukten begrenzt oder unerschwinglich sein kann.

Herkömmliche Fertigungsverfahren sind für die Herstellung personalisierter medizinischer Geräte nicht gut geeignet, da sie auf eine kosteneffiziente Massenproduktion angewiesen sind.

Im Gegensatz dazu ermöglicht der 3D-Druck die Herstellung personalisierter Geräte, die den einzigartigen anatomischen Bedürfnissen jedes Patienten entsprechen. Dadurch werden Passform, Komfort und Effektivität verbessert und das Risiko von Komplikationen gesenkt.

Gedruckte Modelle können so gestaltet werden, dass sie die spezifischen Merkmale jedes Patienten widerspiegeln. So können Chirurgen eine genaue OP-Planung entwickeln und sich optimal auf jeden Eingriff vorbereiten. 

Darüber hinaus können auch die Beurteilung der Lage vor der OP und die Patientenberatung sowie das Management der postoperativen Ergebnisse verbessert werden, wodurch Komplikationen verringert und Kosten durch kürzere OP-Zeiten eingespart werden.

3D-gedruckte chirurgische Hilfsmittel können Ärzte bei der Durchführung komplexer Eingriffe wie Gelenkersatz und Wirbelsäulenoperationen unterstützen, indem sie die Genauigkeit und Präzision erhöhen, was in besseren Erfolgsraten und schnelleren Genesungszeiten resultiert.

Herstellung von erschwinglichen Prothetikprodukten

Die Verfügbarkeit von Prothesen ist für Menschen, die durch Unfälle, Krankheiten oder Missbildungen ein Körperglied verloren haben, von entscheidender Bedeutung.

Prothesen können jedoch teuer sein, was sie für viele Menschen in Schwellenländern unleistbar macht. Das hat sich mit dem 3D-Druck geändert. Prothesen können individuell angepasst und zu einem Bruchteil der Kosten herkömmlicher Methoden hergestellt werden.

Davon können Entwicklungsländer auf zwei Arten profitieren. Sie können 3D-Drucker vor Ort kaufen und sie zur Produktion von gedruckten Armen, Beinen und anderen Prothesen betreiben. Alternativ können sie 3D-gedruckte Prothesen von einem Zulieferer oder einem Herstellungsunternehmen auf Anfrage importieren.

Organisationen wie e-NABLE haben den Weg für die Verbreitung von Open-Source-Entwürfen für 3D-gedruckte Handprothesen geebnet und ermöglichen es Freiwilligen, ihre 3D-Drucker zur Herstellung von Prothesen für bedürftige Kinder und Erwachsene zu verwenden.

Telemedizin und Zugang zu abgelegenen Gemeinden

In vielen Schwellenländern konzentrieren sich die Ressourcen des Gesundheitswesens auf die Ballungsgebiete, so dass abgelegene Gemeinden unterversorgt bleiben.

Dank der Technologie des 3D-Drucks in Verbindung mit Telemedizin kann diese Lücke geschlossen werden.

Lokale Gesundheitsdienstleister in weit entfernten und unterfinanzierten Kliniken können mit tragbaren 3D-Druckern wichtige medizinische Geräte und Materialien herstellen und ersetzen, wodurch sich der kostspielige und logistisch schwierige Versand erübrigt.

So können beispielsweise 3D-gedruckte Mikroskope zum Erkennen von Bakterien und Krankheiten im Wasser eingesetzt werden und so den Gemeinden helfen, durch Wasser übertragene Infektionen zu vermeiden.

Organisationen wie WaterScope, die aus der Universität Cambridge hervorgegangen ist, entwickeln einfache, quelloffene Mikroskope, die in 3D aus Kunststoff gedruckt werden können.

Mit Testkits können auch andere Flüssigkeiten wie Blut und Speichel auf Krankheiten untersucht werden, selbst in entlegenen Gebieten ohne Krankenhäuser oder spezielle Labors.

Telemedizinische Plattformen können lokale Gesundheitsfachkräfte mit Spezialisten in städtischen Zentren verbinden und so Fernberatungen und Anleitungen für 3D-Druckverfahren ermöglichen.

Verbesserung der medizinischen Ausbildung

FDM und SLA können Fachleute im Gesundheitswesen dabei unterstützen, detaillierte und präzise anatomische Modelle von Knochen, Organen und anderen Körperteilen für den Unterricht und die Ausbildung in Krankenhäusern oder Klassenzimmern herzustellen.

Die Verfügbarkeit von genauen und leicht zugänglichen Modellen ist besonders in Schwellenländern mit begrenzten Ressourcen wertvoll.

3D-gedruckte Modelle können zur Förderung der medizinischen Forschung eingesetzt werden, indem sie den Fachleuten im Gesundheitswesen helfen, die mit verschiedenen Erkrankungen verbundenen komplexen Pathologien und physiologischen Prozesse besser zu verstehen als herkömmliche 2D- oder 3D-Bilder in Büchern oder auf Bildschirmen.

Unterstützung der lokalen Fertigung

Ein weiterer bedeutender Vorteil des 3D-Drucks in Schwellenländern ist die Möglichkeit der Einrichtung lokaler Fertigungszentren.

Anstatt sich auf teure Importe von medizinischen Geräten und Prothesen zu verlassen, können diese Länder in die Technologie des 3D-Drucks investieren und sie vor Ort produzieren.

Das senkt nicht nur die Kosten, sondern schafft auch Arbeitsplätze und stimuliert das Wirtschaftswachstum. Durch den Aufbau lokaler Kapazitäten für 3D-Printing können Entwicklungsländer ihren Bedarf im Gesundheitswesen selbst decken.

Schnelle Prototypenerstellung und Iteration

Der iterative Charakter des 3D-Drucks ermöglicht ein schnelles Prototyping und Designverbesserungen.

Dies ist besonders im Gesundheitswesen wertvoll, wo Innovation und Anpassung entscheidend sind. Medizinische Geräte und Prothesen können schnell geändert und getestet werden.

So wird sichergestellt, dass sie den spezifischen Bedürfnissen der Patienten entsprechen.

Diese Entwicklungsgeschwindigkeit ist ein wesentlicher Faktor für die Bereitstellung zugänglicher und wirksamer Gesundheitslösungen in Schwellenländern.

Herausforderungen und Zukunftsperspektiven

Auch wenn das Potenzial des 3D-Drucks im Gesundheitswesen für Entwicklungsländer beträchtlich ist, gibt es einige Herausforderungen zu bewältigen.

Dazu gehören regulatorische Fragen, Qualitätskontrolle und die Notwendigkeit standardisierter Entwürfe. Außerdem können die Anschaffungskosten für 3D-Drucker und Materialien für einige Gesundheitseinrichtungen ein Hindernis darstellen.

Selbst die grundlegendsten Hilfsmittel können in einigen Regionen unerschwinglich sein. Zudem sind die Lieferzeiten aus Vertriebszentren in anderen Teilen des Landes oder im Ausland oft unrealistisch.

Die Zusammenarbeit zwischen Regierungen, internationalen Organisationen und Partnern aus dem Privatsektor ist notwendig, um ein unterstützendes Ökosystem für den 3D-Druck im Gesundheitswesen zu schaffen.

Dazu gehören die Schaffung klarer gesetzlicher Rahmenbedingungen, die Bereitstellung von Schulungs- und Ausbildungsmaßnahmen sowie die Unterstützung von Forschungs- und Entwicklungsprojekten.

Fazit

Durch individuelle Anpassung, Erschwinglichkeit, lokale Fertigung und Schulung hat die Technologie des 3D-Drucks das Potenzial, das Leben von Menschen in Schwellenländern durch den Abbau von Barrieren beim Zugang zu hochwertigen medizinischen Geräten und zur Gesundheitsversorgung zu verändern.

Mit zunehmender Reife und Verbreitung der Technologie erkennt der Gesundheitssektor, wie tragbare 3D-Drucker in einer Vielzahl von Gebieten eingesetzt werden können, um medizinische Leistungen an Orten mit knappen Ressourcen zu erbringen. 

Anstatt medizinische Ausrüstungen, Materialien und Geräte zu importieren, können unterversorgte Regionen mithilfe des 3D-Drucks die notwendigen Hilfsmittel und Geräte selbst herstellen.

Angesichts des stetigen Fortschritts dieser Technologie und der sinkenden Preise kann der 3D-Druck die Kosten für die Bereitstellung medizinischer Geräte senken, sie leichter zugänglich machen und die Entwicklungszeiten für die Markteinführung neuer Geräte verkürzen.

In den ärmsten und am schwersten zugänglichen Regionen könnte die breite Akzeptanz jedoch ohne die Unterstützung von Regierungen und internationalen Organisationen begrenzt bleiben.

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Nicole Willing
Editor

Nicole Willing verfügt über zwei Jahrzehnte Erfahrung im Schreiben und Redigieren von Inhalten über Technologie und Finanzen. Sie hat Erfahrung in der Berichterstattung über Rohstoff-, Aktien- und Kryptowährungsmärkte sowie über die neuesten Trends im gesamten Technologiesektor, von Halbleitern bis hin zu Elektrofahrzeugen. Ihr Hintergrund in der Berichterstattung über Entwicklungen bei Telekommunikationsnetzwerken und -diensten sowie der industriellen Metallproduktion gibt ihr eine einzigartige Perspektive auf die Konvergenz von Internet-of-Things-Technologien und Fertigung.